Der große Traum vom Alpencross
Einmal im Leben nur mit Bike und Rucksack die Alpen zu überqueren, war ein lang gehegter Traum, der ganz oben auf unserer To-do-Liste stand. Im Jahr 2021 war es endlich soweit und wir machten uns gemeinsam auf den Weg um über die klassische Albrecht Route von Garmisch nach Riva del Garda (Gardasee) zu radeln.
Vorweg: es waren mit die schönsten Tage, die wir je gemeinsam auf dem Bike erleben durften. Grund genug für uns Euch zumindest mit Hilfe dieses Berichts ein wenig an unserem Abenteuer Teil haben zu lassen.
Sicher fragt sich der ein oder andere, warum man so etwas überhaupt macht. Sieben Tage mit dem Bike tausende Höhenmeter kurbeln und dabei die ganze Zeit das eigene Gepäck auf dem Rücken mitzuschleppen. Ganz ehrlich: Gerade in der Vorbereitungs- und Planungszeit haben wir uns diese Frage sicher mehr als einmal selbst gestellt. Doch die Vorstellung davon, eine Woche mit den besten Rad-Buddys in freier Natur mit fantastischen Ausblicken auf die Bergwelt der Alpen zu erleben, wischte jeden auch nur kurz aufkommenden Zweifel schnell vom Tisch. Nur mit dem wirklich Allernötigsten im Gepäck, die eigenen physischen und psychischen Grenzen auszutesten, das war eine Erfahrung, die wir gemeinsam machen wollten. Natürlich waren wir auch gespannt, wie sich die Stimmung in unserer „3-Mann-Gruppe“ während der Woche entwickeln würde. So hatten wir im Vorfeld schon diverse Berichte von Leuten gelesen, die mit größeren zwischenmenschlichen Problemen zu kämpfen hatten.
Jan, unser genialer Tourenplaner, hat die Tour für uns geplant und die Reservierung sämtlicher Unterkünfte übernommen. Jeder von uns hatte einen eigenen Trainingsplan, um sich rechtzeitig für das große Abenteuer fit zu machen. Akribisch haben wir die benötigte Ausrüstung und das Packen unserer Rucksäcke geplant und schneller als gedacht, war die Vorbereitungszeit zu Ende und der Starttag stand vor der Tür.
Und so verlief unsere Tour:
1. Tag: Von Garmisch über den alten Fernpass ins Inntal nach Landeck (75 km / 875 hm)
Der erste Tag war unser „Einrolltag“. Nach dem Frühstück und der Verabschiedung von unseren Frauen, die uns nach Garmisch gefahren hatten, radelten wir hochmotiviert – und dennoch mit einem etwas mulmigen Gefühl mit Blick auf das was uns in den kommenden Tagen erwarten würde – trotz strömendem Regen los. Als wir nach ein paar Kilometern vom Auto unserer Frauen überholt wurden, war uns endgültig klar: Wir sind von nun an auf uns allein gestellt. Kaum waren wir einige Meter weitergefahren, standen wir auch schon vor der ersten Hürde: durch den extrem starken Regen der letzten Tage hatte es den gesamten Radweg weggespült. Vor uns lag ein Fluss, der nicht passierbar war. Unsere Kreativität war gefragt und wir mussten eine Lösung finden. Eine Eisenbahnbrücke in der Nähe war unsere Rettung. Wir konnten den Fluss überqueren und unsere Fahrt fortsetzen.
Auch wenn das Radfahren auf Radwegen -besonders für Oli – nicht gerade spannend war, konnten wir die restlichen Tageskilometer ohne weitere Zwischenfälle bewältigen und kamen am Abend erschöpft in Landeck, unserem ersten Etappenziel, an.
2. Tag: Von Landeck über Ischgl zum Übernachten in den Berggasthof Bodenalpe (38 km / 1.450 hm)
Am zweiten Tag mussten wir leider wieder im strömenden Regen losradeln. Deshalb beschlossen wir, nicht wie geplant über die Heilbronner Hütte zu fahren, die wir sowieso alle bereits kannten, sondern direkt von Landeck Richtung Ischgl zu fahren. Unserer Motivation tat dies keinen Abriss, denn wir wussten, dass das Wetter ab dem 3. Tag besser werden würde. Wir spulten also unsere Tageskilometer – mit nassen Trails und über schmale Brücken- ab. Von Ischgl aus ging es am Ende steil bergauf bis zu unserem Etappenziel dem Berggasthof Bodenalpe. Trotz Regen war es ein sehr schöner Tag, welcher mit einem leckeren Essen in der Bodenalpe abgerundet wurde.
3. Tag: Erste Königsetappe über den Fimberpass (70 km / 2.100 hm)
An Tag 3 zeigte sich endlich die Sonne ☺ Das erste Highlight des Tages war der Fimberpass, an den sich eine unglaublich schöne Trailabfahrt anschloss, die uns alle drei schwer begeisterte. Schon die Auffahrt zum Fimberpass war ein „tierisches“ Abenteuer, da wir gefühlt 100 Kühe und 1000 riesige Murmeltiere passieren mussten. Die Val d’Uina Schlucht haben wir nach gemeinsamem Beschluss umfahren, da Mike doch etwas mehr Respekt vor der ausgesetzten „Tragepassage“ in der Felswand hatte. Die spontane Routenänderung wurde mit einem genialen Flowtrail (Highlight Nr.2 des Tages) belohnt, den Jan spontan aus seiner Erinnerung heraus wiederfand. Der Trail endete unmittelbar an unserer Unterkunft in Müstair in der Schweiz. Überglücklich und komplett erschöpft genossen wir dort unser Abendessen.
4. Tag: Zweite Königsetappe vom Stilfser Joch zur Bocchetta di Forcola und durch die spektakuläre Felswand im Valle Forcola ins Val di Rezzalo (60 km / 1.600 hm)
Dieser Tag war ein einziger Traumtag, der mit einem Shuttle-Transfer zum Stilfser Joch begann. Dort angekommen hat uns direkt der Trail zur Bocchetta di Forcola erwartet. Die Gegend dort, die Einsamkeit, das lange Fahren hat uns alle an diesem Tag demütig gemacht und die Natur genießen lassen. Das Etappenziel des Tages war die urige La Baita Hütte. So urig, dass Oli sogar Angst hatte, es gäbe kein warmes Wasser :-). Die Auffahrt zur Hütte war zwar sehr lange und kräftezehrend, hat sich aber mehr als gelohnt! Wir haben diesen genialen Tag nach einer warmen Dusche (😊) bei guter Stimmung mit dem leckeren Essen von Hüttenwirt Alessandro ausklingen lassen.
5. Tag: Dritte Königsetappe über den Gaviapass und die Alta Via Camuna zum Passo Tonale (46,5 km / 1.950 hm
Das Endziel schon fast in greifbarer Nähe kämpften wir uns an diesem Tag direkt nach dem Frühstück zum Gaviapass hinauf. Wir wurden aber mit einer langen, flowigen Abfahrt belohnt, bevor die nächsten Höhenmeter zur und auf der Alta Via Camuna anstanden. Diese mussten wir in der Mittagssonne bei gefühlten 40 Grad bestreiten. Die Schlussabfahrt an diesem Tag hat direkt an unserem Tagesziel dem Passo Tonale geendet. Nachdem wir versucht hatten uns tagelang mit Energieriegeln über Wasser zu halten, hielten es Mike und Oli nicht mehr aus und genossen Apfelsaft und Cola aus dem Supermarkt. Unglaublich wie gut solche Dinge urplötzlich schmecken können. Der Ort war enttäuschend, aber so kurz vor dem Ziel spielt das keine Rolle.
6. Tag: Tolle Panoramafahrt vom Passo Tonale ins Val di Sole (40 km / 200 hm)
Wie unsere Frauen immer scherzen pflegen: unser „Cheat-Day“. Die Fahrt nach Val die Sole war geprägt von wunderschöner Natur, kleinen italienischen Dörfern und gutem Espresso. In Val die Sole angekommen, ging es direkt zur Bergbahn am dortigen Bikepark, mit der wir ausnahmsweise ganz entspannt die Höhenmeter zurückgelegt und haben dann die Trails hinab nach Madonna die Campiglio genossen. Gegen Mittag hatten wir schon im Hotel eingecheckt, konnten so noch die Stadt erkunden und hatten ausreichend Zeit für Saunagänge, um unsere müden Muskeln zu entspannen.
7. Tag: Das Finale in Riva (65 km / 1.400 hm)
Die letzten Kräfte wurden mobilisiert und bei ca. 35 Grad radelten wir die letzten Kilometer und Höhenmeter unserer Tour. Vor allem der Gedanke am Abend unsere Frauen wieder zu sehen, motivierte uns. Wir genossen die letzte Abfahrt nach Riva und stießen am See gelöst und geflasht von all den Eindrücken der vergangenen Tage erst einmal mit einem Bier auf unseren erfolgreichen Alpencross an. Standesgemäß überraschten uns unsere Frauen mit einer Sektdusche, was zur Erheiterung der Badegäste beitrug. Feiernd ließen wir den Abend ausklingen.An dieser Stelle möchten wir euch Mädels nochmal Danke sagen. Ohne euch hätten wir das so alles nicht geschafft.
Unser Fazit:
Ein wunderschöner, unvergesslicher – wenn auch oft sehr anstrengender und langatmiger- Trip mit dem Bike und den besten Freunden. Die Ausblicke, die tollen Trails und die gemeinsame Qualitytime haben jeden auch noch so schweißtreibenden Höhenmeter entlohnt. Wir hatten das große Glück, dass wir gänzlich ohne Panne (auch ohne Platten) von Garmisch zum Gardasee gekommen sind. Auch verfahren haben wir uns nie, was wir Jan zu verdanken haben.
Für die Motivation war Mike zuständig und Oli hatte immer einen guten Spruch parat oder ist einfach mal komplett eskaliert, aber auf die „liebe“ Art. So hat sich unser Trio perfekt ergänzt.
Wir würden es jederzeit wieder durchziehen!
Wenn Ihr Fragen habt oder Tipps für Euer eigenes Abenteuer benötigt, meldet Euch einfach bei uns. Wir haben jede Menge do´s und dont´s für Euch auf Lager.
Euer BIKERAUSCH-Team
Die GPX Tracks für die Albrecht Route findet Ihr hier: https://www.transalp.info/albrecht-route/top-of-the-rocks
Ihr wollt unser Video zum Alpencross sehen?
Gar kein Problem. Einfach folgenden Link anklicken: